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Brennen auf meiner Haut Dagmar Uhlmann

Autor: Dagmar Uhlmann
Verlag: Verlag Die Furt 2000
ISBN: 978-3-933416-17-9

Zehn Jahre in der neuen Welt
Die eigensinnige Olga ist es leid, sich immer wieder einen Westspiegel vors Gesicht halten zu lassen und verzerrt aus ihm herauszugucken. Eigentlich möchte sie nur noch die Augen zukneifen, um gar nichts mehr zu sehen; bis sie sich entschließt, ihren alten Ostspiegel blank zu putzen und ihn zu fragen: "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer sind die Guten in unserm Land?
Uhlmanns skizzenhafte Beschreibungen und Anekdoten offenbaren, daß Erstarrung im Denken kein Privileg des Ostens war. Daß Stalinisten beileibe nicht rot sein müssen. Daß Solidarität nicht nur etwas mit bundesdeutschen Sondersteuern zu tun hat. Das meiste, was ihr widerfährt hätte auch im Westen passieren können. Aber warum sollte ausgerechnet dies der Maßstab sein?


1. Aufl. 2000. Hardcover, 167 S. Format 12,7 x 19,5 cm. Umschlag: Peter Sottmeier


Leseprobe – Dagmar Uhlmann: Brennen auf meiner Haut




Das ist doch nicht normal


In unserem Verband arbeitet eine Christin, die für Asylfragen zuständig war und ist. Diese Frau arbeitete mit der gleichen Besessenheit an der Lösung von Aufgaben, wie ich sie nur zu gut kenne. In ihrem Arbeitsbereich hatte sie alle Freiheiten, die sie brauchte. Ich war sehr froh, daß ich nicht auch noch für die Arbeit mit Asylbewerbern zuständig war.

Es war im Mai 1998, als mich Susanne Groß, entgegen unserer sonstigen Gepflogenheiten, um Hilfe bat. Sie betreute eine Asylbewerberin und deren Mann, die seit acht Jahren von den Behörden hin- und hergeschoben wurden. 1992 hatte sie bereits die Anerkennung als politischer Flüchtling bekommen, die sofort vom Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten wieder angefochten und ihr 1995 aberkannt wurde. Seit dieser Zeit, also seit drei Jahren, hangelte sie sich von Aufenthaltsduldung zu Aufenthaltsduldung. Mal gewährte man ihr zwei Monate, mal ein viertel Jahr und dann wieder nur einen Monat. Die 35jährige Elisa war nervlich am Ende.

Als mir Frau Roß den Ordner über den Vorgang zeigte, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen. Nicht die Asylbewerberin, die fleißig ihrer Arbeit nachging, kostete unseren Staat das Geld, sondern die bürokratischen Mühlen. Ich denke, 50.000 DM war der Ordner allemal wert, wenn ich mir nur die Arbeitszeit der vielen hochdotierten Leute ausrechne, die alle schriftliche Stellungnahmen zu dem Asylverfahren abgegeben haben.

Wenn man also die Prüfung des Asylverfahrens, die Anerkennung, die Verwerfung, die abermalige Prüfung usw. usw. als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für unsere Bürokratie sieht, sind durchaus einige Stellen geschaffen worden. Wenn man aber die Menschlichkeit in den Vordergrund rückt, kann einem der Schweiß ausbrechen.

Wie auch immer, im Sommer 1998 stand wieder einmal eine Abschiebung für Elisa ins Haus. Und ich wurde um Mithilfe gebeten, diesen unwürdigen Prozeß zu beenden. Ich suchte die hübsche Afrikanerin in ihrer Arbeitsstelle auf. Es war mir wichtig zu wissen, für wen ich mich einsetzen sollte, und ob ich das wirklich wollte. Als ich nach zwei Stunden das Gespräch mit ihr beendete, wußte ich, daß es einfach inhuman wäre, diese Frau und ihren Mann zurückzuschicken. Sie hatten seit vielen Jahren nur von Monat zu Monat gelebt. Eine Planung war für sie unmöglich geworden. Sie waren verzweifelt.

Ich wollte mich in die Gruppe der Christen einreihen, die seit Jahren für das Bleiberecht dieser Frau kämpften. An einem Montagabend, ich glaube es war August 1998, wurde ich zum ersten Mal zu einer Beratung eingeladen. Wir trafen uns im Pfarrhaus in einem kleinen Dorf. Die Versammlung dieser Runde hatte für mich etwas Verschwörerisches. Drei der Anwesenden fielen mir besonders auf. Der junge Pfarrer, in dessen Dorf wir uns getroffen hatten, ein christlicher Eremit aus Westberlin und unsere Susanne. Sie sprachen über den schlechten Stand der Dinge, und dann war ich dran.

Ich hatte gleich, nachdem ich Elisa kennenlernte, einen eindringlichen Brief an den Ministerpräsidenten von Brandenburg geschrieben, dessen Inhalt Elisas Situation beschrieb und die Bitte auf Bleiberecht, die schon seit Jahren im Raum schwebte, unterstrich. Ich habe ihn in der Gruppe verlesen. Die freuten sich, daß ich zu ihnen gestoßen war. Nun warteten wir gespannt auf eine Reaktion. Zusätzlich hatte ich mich noch an den Landesvorsitzenden der SPD gewandt, um auch bei ihm um Unterstützung zu bitten.
Der zuständige Landrat, ein ehemaliger Lehrer, dachte nicht einmal daran, die vom Land eingeräumte Möglichkeit zu nutzen, ein Bleiberecht für Elisa gewähren zu können. Nein, das ginge nicht, ...



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